Samstag, 6. Juli 2013

Ziegelsteine pressen gegen die Sucht


Frederico arbeitet den ganzen Tag mit uns im Centro, in dem er mit uns Backsteine herstellt. Seine zwei Schwestern kommen nach dem Schulunterricht auch dazu. Auch gestern waren die drei Geschwister wieder da und arbeiteten fleißig mit. Ich saß auf einem Stuhl und beobachtete sie. Mylla begann sich mit einem der Mädchen zu unterhalten. Sie ist die einzige von den dreien, die auch am Projekt teilnimmt. Sie erzählte, dass sich ihre Mutter vor einigen Tagen versucht hatte umzubringen. Sie hatte viele Tabletten geschluckt, konnte aber noch rechtzeitig gefunden werden. Ich war geschockt. Seit ein paar Tagen lag also dieses Erlebnis auf den Schultern dieser Jugendlichen und dennoch kamen sie freudig lächelnd jeden Tag auf mich zu, begrüßten mich und arbeiteten beständig und mit Freude mit.
Sehr vorsichtig fragte ich, warum ihre Mutter versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Ich erfuhr, dass Frederico ein sehr großes Drogenproblem hat, mit dem er nicht alleine zurecht kommt. Das hatte die Mutter nicht mehr ausgehalten. Doch Mylla erklärte mir auch, dass er deshalb jetzt mitarbeitet, um die Sucht zu bekämpfen. Er fängt früher an als wir und hört auch erst später auf, um sich abzulenken. Mit Erfolg, seit zehn Tagen ist er sauber. 
Das hat mich so bewegt, dass ich erst einmal raus gehen musste. Doch eine der Schwestern kam hinter mir her und fragte mich, warum ich weine, so lieb und freundlich, dass es mir sehr schwer fiel, nicht ganz von meinen Gefühlen übermannt zu werden. Ich schluckte und nahm sie einfach nur in den Arm. Es ärgerte mich, meine Ausdrucksmöglichkeiten reichen nicht so weit, dass ich mit ihr darüber reden könnte. Deshalb hielt ich sie nur in den Armen. 
Am 13. Juli gibt es hier in Porto eine große Veranstaltung, an der wir mit Jugendlichen aus der ganzen Region über Drogen und Suchtkrankheiten sowie über die Gefahren des Straßenverkehrs sprechen sollen. Drogen sind in Porto ein großes Problem. Ich habe ein etwas mulmiges Gefühl, wenn ich daran denke. Doch ich habe die Hoffnung, dass sich der Konsum einschränken lässt. Vom Stadtrat ist geplant, eine Entzugsklinik zu bauen, in die Abhängige aus mehreren Städten der Region kommen können, um sich helfen zu lassen. Ich bin sehr erfreut darüber, dass die Portuenser dieses Problem angehen. 
Frederico heißt eigentlich anders. Aber wir möchten, dass er selbst entscheiden kann, wer von seiner Drogensucht erfährt. Deshalb haben wir uns einen anderen Namen ausgedacht.
Leona Holzki, 5. Juli

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