Mittwoch, 3. Juli 2013

Erster Bericht aus Porto


Liebe Freunde von Brasil09,
die Jugendlichen werden täglich von tausend neuen Eindrücken überrascht und sind bisher nicht dazu gekommen, einen Reisebericht online zu stellen. Für alle, die die Begegnung trotzdem verfolgen möchten, habe ich die erste Mail meines Vaters zusammengefasst, die er nach drei Tagen an Eltern und Familien verschickt hat. Als Vorstandsvorsitzender begleitet er die Gruppe und ist zum ersten Mal in Porto. Beste Grüße und até logo, Larissa

Ihr Lieben!

Nach einer langen und anstrengenden Reise sind wir endlich in Porto angekommen und haben uns schon ein wenig umgesehen. Unser Zwischenstopp mit überpünktlicher Landung um 4:30 Uhr in Rio war völlig anders als geplant, aber die Überraschungen haben uns alle begeistert. Nachts hatte es noch geregnet, dann wurde es ganz
schön. Allerdings war der Corcovado den ganzen Tag über in den Wolken und auch die Spitze des Zuckerhuts war nur selten zu sehen. Schade eigentlich.

Trotzdem haben wir unser Gepäck am Flughafen eingeschlossen und uns von einem Kleinbusfahrer in die Stadt fahren lassen. Er brachte uns nach Urca zum Zuckerhut. Die 52 R$ pro Person für die Seilbahn zur Mittelstation des Zuckerhuts haben wir uns gespart. Wir sind lieber ein Stück zu Fuß um den Berg gelaufen und erlebten unsere erste Offenbarung: Ein sehr dichter Urwald direkt auf den Felsen über dem Meer mit Papageien und kleinen Äffchen, die ganz dicht an uns herankamen. Wir waren begeistert. 


Anschließend brachte uns unser Fahrer nach Copacabana und ließ uns direkt an den Tischen eines kleinen Außenlokals aussteigen. Für umgerechnet acht Euro bekamen wir eine Vielzahl unheimlich leckerer Kleinigkeiten, bei denen nur die Vegetarier nicht ganz auf ihre Kosten kamen, alle anderen jedoch begeistert waren. Nebenan vor einem großen Luxushotel waren viele Polizisten postiert. Dort war zwar nicht die Seleção (die brasilianische Fußballnationalmannschaft) untergebracht, aber Fifapräsident Sepp Blatter. Ansonsten war es in Rio ganz ruhig, keine Demonstrationen zu sehen. Auch am Tag zuvor protestierten nur 5.000 Menschen.

Nach dem Essen mussten wir nur kurz über die Straße gehen und waren an einem superfeinen Sandstrand mit überraschend starken Wellen und Blick auf den Zuckerhut. Alle waren begeistert. Einige Jugendliche sprangen gleich ins Meer, andere gingen nur ein Stückchen hinein. Jan hat eine Welle so stark mitgerissen, dass er sich schmerzliche Abschürfungen im Gesicht und an der Schulter geholt hat. 



Zum Zuckerhut wollte dann niemand mehr. Nach einem Abstecher auf einen riesigen Kunstgewerbe-Basar fuhren wir wieder zum Flughafen. Die folgende Prozedur mit 2x Starten, Landen und Zwischenstopp in Brasília haben alle recht gut überstanden. Müde sind wir dann gegen 1.00 Uhr nachts (6.00 Uhr deutscher Zeit in unserer 2. Nacht) in Teresina, auf einem winzigen, völlig überfüllten Flughafen angekommen. Raimundo, Mylla und Cleudiane nahmen uns dort sehr herzlich in Empfang. Das Kolpinghaus in Teresina, in dem wir die kurze Restnacht verbrachten, war voll mit Jugendlichen. Sie waren zu einem Tanzfestival angereist und noch alle draußen im Garten. Ins Bett konnten wir dann ab 2:30 Uhr. Einige planschten aber noch bis vier Uhr morgens im Pool.

Am nächsten Morgen konnten wir nach erneuter Wartezeit und einem Presseinterview endlich mit einem Kleinbus nach Porto fahren. Unterwegs holten uns die Demonstrationen dann doch ein. Auf halber Strecke standen zwei völlig ausgebrannte Busse auf der Landstraße, die am Tag zuvor offenbar ein Student aus Protest gegen die Fahrpreise in Brand gesteckt hatte. Die Situation dort war völlig ruhig, aber doch gespenstisch. Wir hatten nicht erwartet, auch hier auf solchen Protest zu treffen.

Gegen 13.00 Uhr kamen wir dann in Porto an. Unser Quartier ist ein sehr schnuckeliges kleines Häuschen mit einem schönen Atriumgarten, Palmen und einer Veranda. Einige Jugendliche und ein „Herzlich Willkommen“ begrüßten uns herzlich. Wir haben einen großen Essraum, einen Wohnraum, eine Küche, fünf kleine Zimmer, zwei Bäder und dazu noch eine Außendusche. Wir werden hier bekocht und versorgt und fühlen uns gleich sehr wohl.

Nach dem Essen und der Zimmerverteilung machten wir einen kleinen Stadtrundgang, sahen Jugendlichen beim Tanztraining zu und entdeckten dabei Liliane, die uns herzlich begrüßte. Anschließend gingen wir zum Fluss, wo eine Prozession der Fischer mit kleinen Booten, Musikkapelle und Böllerschüssen am Landesteg der Fähre ankam. Dort konnten wir auch den Padre in die Arme schließen.

Abends trafen wir uns kurz im Centro da Juventude mit den Jugendlichen. Es war sehr bewegend, da ich dieses Haus nun zum ersten Mal selbst betreten konnte, für das wir so lange gearbeitet hatten und das nun der räumliche Mittelpunkt unserer Partnerschaft ist.

Sonntagmorgen besprachen wir uns in der Casa das Frutas, dem alten Kolpinghaus. Aldo zeigte uns stolz die einzelnen Räume gezeigt und erläuterte, wo was stattfinden wird. Michael hat ebenso stolz eine kleine Solarpumpe vorgeführt und sie den Brasilianern geschenkt, die diese mit großem Interesse gleich ausprobierten.

Vor dem Mittagessen sprangen die Jugendlichen noch schnell in den Fluss um wieder frisch zu werden. Und die Jungs waren zum Fußballspielen in einer Halle verabredet. Nachmittags haben wir die Plantage besichtigt. Die gerodete Fläche ist wieder ein bisschen zugewachsen. Abends schauten wir mit etwa 50 Leuten auf Aldos Veranda Fußball. Die Stimmung war natürlich super, die Brasilianer waren stolz und froh, dass wir mit ihnen die Seleção bejubelten.

Das Wetter ist warm (für die Brasilianer kalt) mit etwa 25° und bedeckt, morgens hatte es noch einen kurzen heftigen Regenschauer gegeben, sonst ist es aber sehr schwül. Die Stimmung ist gut, alle sind sehr diszipliniert, wir fühlen uns hier sehr wohl. Niemand vermisst hier Luxus, alle sind mit dem Einfachen zufrieden. Neben Mylla und Neto, die unseren Aufenthalt hier organisieren, sind häufig Marcelo, Jonas, Jackson, Nana, Ana Paula, Cleudiane, Liliane und viele jüngere Jugendliche dabei. Das Haus ist immer offen, dauernd gehen einige brasilianische Jugendliche ein und aus und verbringen ganz unkompliziert ihre Zeit mit uns.

Monica ist uns eine große Hilfe, nicht nur in Rio hat sie vieles für uns organisiert, was wir allein so nicht geschafft hätten.

Wir freuen uns auf vier spannende schöne Wochen und grüßen alle Daheimgebleibenen!

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