Sonntag, 2. August 2015

Gastfreundschaft



01.08.2015

Gestern wurden wird von Carmen, einer Tante eines Mädchens aus dem Projekt, eingeladen, heute zu einer Abschlussfeier zu kommen. Bis wir da waren, wussten wir nicht genau, was uns erwarten würde, geschweige denn, der Abschluss von was gefeiert wurde. Zunächst hatten wir schon Probleme, das richtige Haus zu finden. Das eine Haus war zu dunkel, das zweite sah aus wie ein Kindergeburtstag, stellte sich dann aber als das Richtige heraus. Es waren schon viele Kinder da, bis zum Schluss kamen immer neue dazu, sodass am Ende mehr als 20 Kinder im Alter von drei bis elf Jahren um uns herumtobten. Carmen würde am nächsten Tag mit ihren beiden Kindern nach Teresina zurückkehren, weil für sie wieder die Schule beginnt. Während der Ferien bot sie scheinbar tagsüber im Haus ihrer Mutter in Porto Bespaßungsprogramm für die Kinder aus der Nachbarschaft an. Wir wurden zu der Abschlussfeier eingeladen, weil Carmens Sohn sie darum gebeten hatte. Nach unserer Ankunft waren die Kinder zunächst noch zurückhaltend, während das Essen verteilt wurde, tauten sie jedoch auf und bestürmten uns mit Fragen zu Familie, Deutschland und deutschen und englischen Vokabeln. Besonders schwer zu glauben war für sie, dass Deutschland noch weiter weg ist als Porto Alegre (eine Stadt in Südbrasilien). Die Fragerei ging in etwa so: „Ist Deutschland weiter weg als Teresina?“ – „Ja, viel weiter weg.“ – „Weiter als Rio de Janeiro?“ – „Ja, noch weiter. Wir waren zwei Tage lang mit dem Flugzeug unterwegs.“ – „Noch weiter als Porto Alegre?“ – „Ja, auch noch weiter weg als Porto Alegre.“ – „Wirklich..? Das ist sehr weit.“ Nach dem Essen schien es kein Programm zu geben, also fragten wir, ob wir ein paar Spiele anleiten könnten. Ich übersetzte die Texte der Spiele und so machten die Kinder begeistert mit: Der erste Energizer – auf Deutsch! - wurde so oft wiederholt, bis Simon, der ihn anleitete, keine Lust mehr darauf hatte. Ein Wunder, dass bei so vielen hopsenden, kreischenden, wild mit den Armen um sich fuchtelnden Kindern keiner verletzt wurde. Als wird dann kurz nach acht Uhr ankündigten, dass wir demnächst aufbrechen würden, weil noch eine Party auf dem Programm stand, war besonders Carmen enttäuscht, packte uns aber trotzdem noch den restlichen Kuchen zusammen, bedankte sich etliche Male für unser Kommen und ihre Mutter zeigte mir noch das ganze, für portuensische Verhältnisse große Haus.
Danach sollte es also in einen Club zu einer Party gehen, Flavia und ich konnten uns nur so mäßig dafür begeistern. Zudem dauerte es noch fast drei Stunden, bis wir tatsächlich losfuhren und dann warteten wir nochmals eine Weile vor Jussis Haus, gegenüber des Clubs. Dabei schlief ich fast ein, sodass Jussi mir kurzerhand anbot, bei ihr zu schlafen. Flavia und ich nahmen das Angebot, der Party doch noch zu entkommen, dankend an. Schnell wurde ein Bett für uns vorbereitet und Nachthemden herausgelegt, wir konnten auch tatsächlich trotz der extrem lauten Musik einschlafen. Zwanzig Minuten später kamen dann jedoch schon die ersten von der Party zurück und wir wurden alle wieder zu unserem Haus gebracht.
Ella

Wochenende!



 01. 08.2015

Puuuh, Wochenende! Das bedeutet für uns: Pause vom Arbeiten, ein bisschen Erholung. Morgens ging es dafür zum Fluss Rio Parnaiba, der an Porto vorbeifließt. In seinem braunen, schnell dahin schwappendem Wasser vergnügten wir uns also bis zum Mittagsessen, brutzelten in der Sonne unter dem strahlend blauen Himmel und gönnten uns noch ein bisschen Nachschubsschlaf im goldgelben Sand unserer kleinen Sandbank.
Nach dem Mittagessen machten wir uns auf ins Stadion, das genau neben unserem Haus liegt. Dort fand ein Fußballspiel zwischen zwei portuensischen Vereinen statt. Obwohl die Vereinsgrößen der beiden Mannschaften vergleichbar mit Wennigsen und Gehrden sind, wurde alles dramatisch ernst genommen. Auf die Hymnen der ungeduldig wartenden Spieler folgte eine ausgedehnte Begrüßung von Seiten des Kommentators, in der gefühlt alle erwähnt wurden, die gekommen waren.
Dann ging es los! Der Ball wurde wild in der Gegend herum geschossen und flog so manches Mal über die Mauer, vom Spielfeld. Aber der Ball war nicht das Einzige, was durch die Gegend flog. Auch die Spieler flogen immer mal wieder hin; es ging ganz schön ruppig zu! Mannomann! Natürlich sahen wir auch so manches schöne Dribbling, so manche schöne Flanke und vier spitzen Tore, aber Fouls sahen wir auch zur Genüge! Einmal musste sogar ein Spieler vom Spielfeld begleitet werden, weil er sich den Arm gebrochen hatte.
In der Pause schwafelte der Kommentator wieder fleißig in sein Mike. Dieses Mal wurden auch wir erwähnt und sogar aufs Spielfeld gebeten. Während wir dann dort standen, von allen beäugt, wussten wir nicht so recht, was wir tun sollten, denn das Geschwafel des eifrigen Redners ging schon längst weiter und hatte so gar nichts mehr mit uns zu tun, so schien es. Er verloste die Tombolagewinne. Jeder hatte ein Los automatisch mit seiner Eintrittskarte gekauft und so warteten alle gespannt, welchen Zettel der lustige, etwas rundliche Mann mit dem Mikro wohl zog.
Hatte er einen gezogen, kam sofort Freude auf - jedenfalls bei der oder dem Gewinner/in. Der kam dann auch aufs Spielfeld, doch anstatt, dass dieser jetzt seinen Losgewinn erhielt, wurde es einem von uns in die Hand gedrückt - für ein Foto, auf dem wir so taten, als würden wir das Geschenk übergeben – sehr, sehr komisch! Wir kamen uns vor wie dumme Models, die ihren Auftrag nicht kennen.
Nach dem Fußballspiel klang die Freude bei Livemusik und viel Motorradknatter, vor unserer Tür aus.
Weil das Spiel 2:2 ausgegangen ist, hatte jeder einen Grund zur Freude und so sahen wir noch lange fröhliche Gesichter vor unsere Tür.
Irgendwann sind wir dann los, zu unserer Verabredung mit Carmen. Eigentlich kennen wir Carmen gar nicht, aber weil ihr siebenjähriger Sohn einmal bei unserer Tijoloproduktion zugeguckt hat, hat er dafür gesorgt dass wir bei ihnen zum Essen eingeladen wurden. Es war ein sehr ulkiges Essen vor dem Haus voller kleiner Kinder. Gaanz viel Essen und noch mehr Mücken standen auf dem Programm. Nach dem Essen spielten wir ein paar Spiele mit den Kindern, die vor allem „Eine Ente“ und „Bube Dame König Ass“ sehr begeisterte.
Wir zogen dann irgendwann, als das ganze Essen verdaut und jedes Spiel durchgespielt war wieder los - schließlich hatten wir noch eine Verabredung!
Es ging auf eine Reggeaparty, die sich gewaschen hat. Super lauter, super guter Reggea dröhnte uns also den Rest des Abends in den Ohren. Manche Ohrwürmer haben sich immer noch nicht verzogen und unsere Ohren sind immer noch ganz taub.

Leonard

Der Wartetag



31.07.2015
Michel, Leona, Flavia und Jonas trauten sich heute schon früher aus den Betten, als wir anderen. Während wir noch selig povten, kraxelten sie schon um fünf aus ihren Betten, warfen sich in Schale und gingen mit Jackson auf den Markt, um unsere Polpa unter die Leute zu bringen. Leider wurde ihr Mut zur Frühe nicht gerade belohnt. Nach einer ordentlichen Portion Warterei stellte sich nämlich heraus, dass es heute leider nichts mehr wird mit dem Verkauf. Die Kühlbox fehlte.
Und so zuckelten die fünf wieder ab nach Hause, zu uns immer noch ratzenden.
Als wir dann auch aufgestanden, gegessen, frisiert und poliert waren, taperten wir los ins Centro. Wir erwarteten neuen Sand und viel Arbeit, doch das Einzige, was uns tatsächlich im Centro erwartete, war ein ungeduldiger Paulo, der, sauer auf die Verspätung der Sandlieferanten, beinah im Carré sprang.
Was uns jetzt noch blieb, war die letzten Steine zu stapeln und dann zu warten, bis diese verschlafenen Lieferanten eintrudelten (übrigens statt um neun, wie eigentlich verabredet, um vier).
Als sie dann endlich da waren, ging es ruckidizucki. In einer unglaublichen Geschwindigkeit schaufelten die vier Lieferer, hochgradig schwitzenden, den Sand von der Ladefläche ihres LKWs. Wir wiederrum schaufelten ihn ins Innere unseres Hauses, um dort sofort „rapido, rapido“ zu sieben und zu sieben.
Der neue Sand lässt sich ein bisschen schlechter verarbeiten als der alte, dafür ist er aber frei von den aggressiv beißenden Ameisen.
Nach dem Arbeiten lieferten wir uns ein spannendes Fußballmatch mit ein paar brasilianischen Mädchen. Leider mussten wir einige Tore kassieren und deshalb bleibt das Ergebnis dieses Spiels an dieser Stelle unerwähnt.

Leonard

Energieschwung ins Wochenende



30.07.2015

Wie jeden morgen wartete heute ein dicker fetter Batzen Arbeit auf uns. Deshalb zogen wir sobald das letzte Brötchen aufgemampft war los, um uns mal wieder die Seele aus dem Leib zu schwitzen. Herrlich!
Am Nachmittag haben wir das letzte Krümchen Sand aufgebraucht und konnten endlich die Schaufeln, Siebe und Eimer fallen lassen und mal wieder ein bisschen verschnaufen.
Abends ging es wild weiter. Wir haben einen Spieleabend im Centro organisiert und ALLE waren eingeladen. Es sind viele gekommen, viele bekannte und auch einige unbekannte Gesichter!
Um den ganzen Haufen erstmal ein bisschen in Schwung zu bringen, leiten Simon, Flavia und meine Wenigkeit ein paar Energizer, die wir auf einem Jugendhilft!- Seminar kennen gelernt haben, an. Dann geht es richtig ab. Alles wird bis zum umfallen gespielt. Ich befürchte ernsthaft, noch im Schweiß zu ertrinken - keine schöne Vorstellung!
Nach einer langen Runde Lachyoga geht es wieder nach Hause. Doch an Schlaf ist jetzt nicht zu denken und so sitzen wir noch bis spät in die Nacht auf der Straße und unterhalten uns mit unseren gut gelaunten Freunden.
Leonard

Gemeinschaft



 29.07.2015

Eine Gemeinschaft, das sind wir, doch nicht nur wir sind eine Gemeinschaft.
Heute hat uns Aldo mit dem Pickup abgeholt und wir sind zu einer kleinen Dorfgemeinschaft gefahren, um uns dort eine traditionelle Produktion von Beijús anzusehen. Beijú ist eine Art Pfannkuchen, die aus der Frucht Manioca hergestellt wird.
Wir waren alle sehr von dem Zusammenhalt begeistert, den wir dort erleben durften. Egal, ob klein, groß, alt oder jung, alle haben geholfen, das Mehl zu gewinnen. Maniocas kann man sich als große Kartoffeln vorstellen, die hier zuerst gemahlen werden und dann in eine Presse kommen, die ihr das Wasser entzieht.
In einer gusseisernen Pfanne wird die noch etwas feuchte Masse getrocknet und von Giftstoffen befreit. Jetzt wird, ähnlich wie bei der Tijolo-Herstellung, fleißig gesiebt. Danach kann man das Mehl, bzw. die Stärke, dazu verwenden, die leckeren Beijús zu backen, die hier vor allem zum Kaffeetrinken gegessen werden. Besonders spektakulär zu sehen war mit welchen Werkzeugen die Produktion von statten ging. Das System ist noch genauso wie bei den alten Indios. Alles ist aus Lehm, Stein, Holz und Feuer. Gepresst wird die Maniocafrucht mit einem Gerät, welches an ein mittelalterliches Katapult erinnert.
Zum Abschied bekamen wir noch einige Beijús geschenkt, die wir bereits auf dem Rückweg, hinten auf Aldos Wagen, aßen. – mhmmmm lecker! 

Simon